Unsere IPR-Bestenliste für den Herbst – wie immer nicht neu, aber gut:
„Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“ von Susann Pásztor
Karla wird sterben. Dabei wird sie vom ehrenamtlichen Sterbebegleiter Fred und dessen 13jährigen Sohn Phil begleitet. Berührende Geschichte einer starken, organisierten, selbstbestimmten Frau – einfühlsam, aber ohne Drama erzählt von der Autorin, die selbst ehrenamtlich als Sterbebegleiterin tätig ist.
„Ich nannte ihn Krawatte“ von Milena Michiko Flašar
Auf gegenüberliegenden Parkbänken sitzend, begegnen sich zwei Menschen. Mit reduzierter Sprache und wenigen Szenen erzählt die 1980 in St. Pölten geborene Autorin das Schicksaal zweier Japaner, die dem Leistungsdruck und der Vorstellung von Norm nicht standhalten. Ein junger Hikikomori und ein 58jähriger Salaryman, der kürzlich gekündigt wurde, seiner Frau jedoch vorgibt, täglich in die Arbeit zu gehen. Das Fremdsein ermöglicht den beiden sich gegenseitig schicksalhafte Begebenheiten und Lebensentscheidungen offenzulegen.
„Der Jonas-Komplex“ von Thomas Glavinic
Thomas Glavinics Roman handelt von einem Jahr im Leben eines ziemlich „fertigen“ Autors, zwischen Drogen, Alkohol und Frauen. Ein weiterer Handlungsstrang erzählt von einem 13jährigen Schachspieler. Dazu Nebenfiguren wie aus einem Tarantino-Film: Ein Anwalt der Hells Angels, ein WingTsun-Großmeister und eine Mörderin, die die Leichen ihrer Liebhaber mit einer Kettensäge zerlegt. Unverblümt, packend und witzig, ganz eigener, kurzweiliger Erzählstil, mit interessanten Montagetechniken – erinnert ein bisschen an Michel Houellebecq.
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