Auch wenn wir in den vergangenen Wochen viel Zeit mit Social Media verbracht haben; Zeit für echte Literatur muss sein.
Hier also die IPR-Bestenliste für den Sommer – nicht neu, aber gut:
„Wiener Passion“ von Lilian Faschinger
Entdeckt auf der sensationellen Ausstellung „Wien. Eine Stadt im Spiegel der Literatur“ im sehenswerten Wiener Literaturmuseum, befindet sich das Buch seit einem Jahr außer Haus, weil es im Freundeskreis mit Begeisterung eifrig weitergereicht wird. Geschickt flicht die Kärntner Autorin ihren Roman aus den Lebensgeschichten der Gattenmörderin Rosa Havelka, dem hypochondrischen Musiklehrer Josef Horvath und der amerikanischen Schauspielerin und Sängerin Magnolia Brown. Die Frankfurter Allgemeine kritisiert die „fremdenführerhafte Beschreibungswut“ der Autorin, was nicht ganz nachvollzogen werden kann. Berührend die Schilderung der Verhältnisse der Dienstmädchen im „alten“ Wien, ihr Kampf um die Existenz, die Ausweglosigkeit ihrer sozialen Stellung bis hin zu Ausbeutung und sexuellem Missbrauch durch ihre Dienstherren. Empfehlenswert übrigens auch zwei weitere Werke der Autorin: „Magdalena Sünderin“ und „Die neue Scheherazade“.
„Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares“ von Fernando Pessoa
Die Literatur-Empfehlung von meinem für Film- und Buchtipps geschätzten Internisten bannte mich Tage aufs Sofa. Schon die Lebensgeschichte des portugiesischen Autors ist vielversprechend. Unter diversen Heteronymen verfasste er 24.000 Fragmente die großteils, unveröffentlicht in einer Truhe landeten. Darunter auch jene fragmentarischen Aufzeichnungen, die 1982 unter dem Titel „Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernard Soares“ in Portugal publiziert, bald in viele Sprachen übersetzt wurde und weltweit zum Kultbuch avancierte. Beim Lesen kam ich aus dem Entzücken gar nicht heraus und danke Ikea für das gemütliche Ektorp. Jeder Satz ein Treffer. Man braucht Zeit zum Nachsinnen.
„Die Deutschlehrerin“ von Judith Taschler
16 Jahre nachdem Xaver Mathilda verlassen hat, taucht er wieder auf. Mathilda ist Deutschlehrerin, Xaver gefeierter Jugendbuchautor. Die beiden rekapitulieren ihre gescheiterte Beziehung. Die Geburt von Xavers Sohn nur wenige Monate nach der Trennung und dessen Entführung werden zum Angelpunkt ihrer Begegnung. Raffiniert und irritierend fesselt dieses Psychodrama zwischen Liebe, Rache und Schuld, zwischen Wahrheit und Trug – bis zum letzten Satz.
Mittlerweile ist Taschlers Bestseller, für den sie mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet wurde, in einer Bühnenfassung auch am Tiroler Landestheater zu sehen.
Genauso spannend und doch ganz anders auch Taschlers neueres Werk „Das Geburtstagsfest“ mit den Enthüllungen zum 50. Geburtstag von Kim Mey und berührenden Erzählungen über die Schreckensherrschaft der Roten Khmer.
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